Irische Sängerin Bombie Ray
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Song Contest

Mit Gruselfaktor ins Finale

Das erste Semifinale des Song Contest in Malmö ist geschlagen – und neben den Favoriten haben es auch einige Länder ins Finale geschafft, die man nicht unbedingt auf der Rechnung haben musste: Die Favoriten Kroatien und Ukraine sind weiter, ebenso Irland und Slowenien, die mit Gruselfaktor punkten konnten. Auch Litauen, Zypern, Finnland, Luxemburg, Portugal und Serbien haben es ins Finale geschafft.

Nicht gereicht hat es für Polen, Australien, Moldawien, Aserbaidschan und Island. Wer wie viele Punkte bekommen hat, bleibt traditionell bis nach dem Ende des Song Contest in der Nacht auf Sonntag geheim. Wie im Vorjahr entscheidet heuer in den beiden Semifinale nur das Publikum über den Finaleinzug, die Jurys der einzelnen Länder dürfen erst am Samstag mitstimmen. Österreich durfte am Dienstag nicht voten, sondern erst am Donnerstag, wenn Kaleen mit „We Will Rave“ dabei ist.

Die Gastgeber in Malmö präsentierten sich – wie zu erwarten war – in schwedischer Perfektion: Die kreuzförmige Bühne spielte alle Stücke. Durch den Abend führten Petra Mede und Malin Akerman, vor allem Mede punktete mit trockenem Humor. Vielleicht gewöhnungsbedürftig sind die schnellen Schnitte und wilden Zooms wie Kamerafahrten der schwedischen Regie.

Kroatien unterstreicht Favoritenrolle

Seine Favoritenrolle unterstrichen hat jedenfalls Baby Lasagna aus Kroatien: „Rim Tim Tagi Dim“ erzählt die Geschichte eines Bauernbuben, der vom Land in die große Stadt – oder gar in ein anderes Land – auswandern muss. Mit viel Pyrotechnik und einer wilden Show entfaltete der Crossover-Song „Rim Tim Tagi Dim“ in der Halle seine volle Wirkung.

Kroatien: Baby Lasagna mit „Rim Tim Tagi Dim“

Ebenfalls eindrucksvoll stellte das ukrainische Duo Alyona Alyona & Jerry Heil unter Beweis, warum ihr „Teresa & Maria“ bei den Buchmachern auch ganz weit oben zu finden ist. Heil leitete den Song ein, bevor Alyona Alyona mit einem Rapteil einstieg.

Ebenfalls quasi mit zwei Songs gleichzeitig schaffte die Luxemburger Sängerin Tali den Sprung ins Finale. „Fighter“ klingt stellenweise chansonartig, kippt dann aber immer wieder in eine Dancenummer. Das Comeback nach 31 Jahren Absenz beim Bewerb wurde prompt belohnt.

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Australien-Performer auf Bühne
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Zypern: Silia Kapsis mit „Liar“ hat es ins Finale geschafft
Serbien-Performer auf Bühne
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Serbien: Teya Dora darf „Ramonda“ auch am Samstag singen
Litauen-Performer auf Bühne
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Litauen: Silvester Belt mit „Luktelk“ schaffte den Sprung ins Finale ebenfalls
Irland-Performer auf Bühne
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Irland: Bambie Thug mit „Doomsday Blue“ schockierte manche, begeisterte aber auch genug für den Finaleinzug
Ukraine-Performer auf Bühne
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Ukraine: Alyona Alyona & Jerry Heil werden mit „Teresa & Maria“ freilich auch im Finale zu sehen sein
Polen-Performer auf Bühne
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Polen: Luna schaffte es mit „The Tower“ nicht ins Finale
Kroatien-Performer auf Bühne
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Kroatien: Mitfavorit Baby Lasagna kämpft mit dem Song „Rim Tim Tagi Dim“ am Samstag um den Sieg
Island-Performer auf Bühne
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Island: Hera Björk war mit „Scared Of Heights“ kein Finaleinzug vergönnt
Slowenien-Performer auf Bühne
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Slowenien: Raiven ersang sich mit „Veronika“ recht überraschend einen Platz im Finale
Finnland-Performer auf Bühne
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Finnland: Windows95man punktete mit „No Rules“ und dem Spaßfaktor
Moldawien-Performer auf Bühne
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Moldawien: Auch große Flügel brachten Natalia Barbu mit „In the Middle“ nicht weiter
Aserbaidschan-Performer auf Bühne
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Aserbaidschan: Schluss war auch für Fahree feat. Ilkin Dovlatov mit „Özünle Apar“
Australien-Performer auf Bühne
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Australien: Die lange Anreise hat sich für Electric Fields mit „One Milkali“ (One Blood) nicht gelohnt
Portugal-Performer auf Bühne
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Portugal: Iolanda darf ihren Song „Grito“ am Samstag noch einmal vortragen
Luxemburg-Performer auf Bühne
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Luxemburg: Tali schaffte für ihr Land nach 31 Jahren ein erfolgreiches Comeback, „Fighter“ ist ebenfalls im Finale zu hören

Verhextes Irland

Dass beim Song Contest auch das wirklich Ausgefallene punkten kann, zeigt auch das Weiterkommen von Bambie Thug aus Irland. „Doomsday Blue“ ist eine optisch wie musikalisch doch verstörende Darbietung der selbst ernannten Hexe. Schon bei den Buchmachern hoch im Kurs, löste der Auftritt auch in den sozialen Netzwerken eine Eigendynamik aus – und kam ins Finale.

Irland: Bambie Thug mit „Doomsday Blue“

Ebenfalls auf allen Ebenen schwierig präsentierte sich die Slowenin Raiven. Musikalisch zwischen Elektronikgeblubber und Sirenengeschrei und optisch zwischen Transparentlatex und Nude-Look eckte der Song „Veronika“ überall an. Als eine der Überraschungen des Abends ist Raiven auch am Samstag dabei.

Auch Spaß muss sein

Doch auch das genaue Gegenteil hatte Erfolg: Der finnische Aktionskünstler Teemu Keisteri alias Windows95man überzeugte, geboren aus einem Ei, mit komödiantischem Talent, Vokuhila und einem Hosenfeuerwerk, Partner Henri Piispanen steuerte den – nicht immer astreinen Gesang – bei. Der Spaß geht am Samstag weiter.

Finnland: Windows95man mit „No Rules“

Melancholisch und ein wenig spröde beginnt „Luktelk“ des Litauers Silvester Belt. Der Beat des Songs entwickelte aber rasch einen Sog, erwartungsgemäß ist auch er im Finale vertreten. Dort wird auch Silia Kapsis aus Zypern zu sehen sein, „Liar“ ist ein Dancetrack, der kaum jemandem wehtut. Aber auch nicht groß auffällt.

Wiedererkennungswert ist nicht alles

Das selbst gewählte Mauerblümchenschicksal brachte auch der serbischen Sängerin Teya Dora Glück. Ein mitgebrachter Felsen auf der Bühne illustrierte die Kargheit ihres Songs „Ramonda“, in dem es tatsächlich um eine seltene Blume geht, die in Serbien für Frieden und das Gedenken an den Ersten Weltkrieg steht. Auch wenn der Song der wohl stillste des Jahrgangs ist, wird Serbien ebenfalls im Finale vertreten sein.

Dort gibt es eher überraschend auch ein Wiedersehen mit Portugal: Einigermaßen mutig fiel der ganz in Schwarz-Weiß gehaltene Auftritt der Sängerin Iolanda aus, weil sie nicht nur auf Grautöne, sondern auch auf jede Spur von Wiedererkennbarkeit in ihrem Song „Grito“ verzichtete. Dennoch gab es genug Stimmen.

Stimmliche Schwächen

Die polnische Sängerin Luna hatte mit „The Tower“ einen durchaus eingängigen Popsong am Start, auch die Schachbühnenshow war stimmig, stimmlich sollte es aber nicht klappen: Recht überraschend war im Semifinale Schluss. Bereits die lange Heimreise antreten muss auch das australische Duo Electric Fields, der Funke ihres vor Liebe, guter Laune und Didgeridoos strotzenden Songs „One Milkali" (One Blood) sprang nicht ganz auf das Publikum über, auch hier wackelten die Stimmen ganz ordentlich.

Nicht gereicht hat es auch für Hera Björk aus Island, die auf einem Podest stehend über ihre Höhenangst sang. Ihr „Scared of Heights“ wirkte reichlich aus der Zeit gefallen. Als exotisch, vielleicht zu exotisch präsentierte sich heuer Aserbaidschan. Die Liebesballade „Özünle Apar“ von Fahree feat. Ilkin Dovlatov plätscherte zu sehr dahin, damit konnte das Land nicht an frühere Erfolge anschließen. Auch für Natalie Barbu aus Moldawien war am Donnerstag Endstation, eine Geigeneinlage und ein Mitklatschrefrain war für „In the Middle“ dann deutlich zu wenig.

Auch Deutschland, Großbritannien und Schweden vorstellig

Erstmals schon im Semifinale dürfen heuer auch die „Big Five“ und Gastgeber Schweden ihre Songs live und in voller Länge präsentieren, die ersten drei waren am Dienstag zu sehen. Geradezu verzweifelt versucht Deutschland seit Jahren, vom letzten Platz wegzukommen. Straßensänger Isaak soll es mit großer Stimme richten. Dass er diese hat, bewies er: Ob das reicht, bleibt abzuwarten.

Der britische Beitrag von Olly Alexander will vor allem mit nackter Männerhaut und einer Bühnenshow mit Perspektivenwechsel punkten. Musikalisch bleibt „Dizzy“ eher düster. Und Schweden, ansonsten nie verlegen, den Song Contest auch gewinnen zu wollen, geht heuer eher auf Nummer sicher, den Beitrag nicht noch einmal austragen zu müssen: Das norwegische Brüderpaar Marcus & Martinus singt vor „Matrix“-Kulisse, doch „Unforgettable“ fehlt es an Wiedererkennungswert, vor allem in den Strophen.